EU-Osterweiterung

 

EU-Osterweiterung:
Herausforderung für die Deutsche Bahn AG
Verlagerung internationaler Verkehre auf die Schiene
Internationale Projekte für gemeinsame Strategie
Integrierter europäischer Eisenbahnraum muss geschaffen werden

Bildquelle: DB AGBerlin, 29.04.2004 (BA)
Am 1. Mai 2004 treten zehn Staaten der Europäischen Union (EU) bei. Mit Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Ungarn, Malta und Zypern wird die Euro- päische Union zu einem der größten Binnenmärkte der Welt. Die Zahl der Einwohner steigt um knapp 20 Prozent auf 453 Millionen, das Bruttoinlandsprodukt auf fast neun Billionen Euro. Damit ist die fünfte und größte Erweiterung das ehrgeizigste Projekt in der Geschichte der EU.


Für die Deutsche Bahn ist der Beitritt der osteuropäischen Länder eine gewaltige Herausforderung. So- wohl im Personen- als auch im Güterverkehr ist eine erhebliche Steigerung des Verkehrsaufkommens zu erwarten. Ziel ist es, in enger Kooperation mit den Bahnen der neuen EU-Mitgliedsstaaten und durch rasche bedarfsgerechte Aufstellung neuer Angebote einen möglichst großen Anteil des neuen Verkehrs- volumens im Personen- wie im Güterverkehr auf der Schiene zu befördern und Marktanteile im Logistik- markt hinzuzugewinnen.

Auch die Grenzbahnhöfe zeigen sich international. Das Wegeleitsystem ist außer in Deutsch und in Englisch auch in der jeweiligen Landessprache ausgeführt.
Entsprechend sind beispielsweise die Stationen von Görlitz und Frankfurt (Oder) ausgerüstet. Andere Bahnhöfe im Grenzgebiet erhalten die mehrsprachigen Schilder im Zuge der Erneuerung des Wegeleit- systems.

Kooperation mit den Bahnen der EU-Beitrittsländer
Bereits heute besteht eine gute Zusammenarbeit mit den Bahnen Polens (PKP) und Tschechiens (CD). So werden zum Beispiel seit Jahren im gegenseitigen Austausch Lokomotiven und Lokführer grenz- überschreitend eingesetzt. Pro Woche fahren zwölf Züge von verschiedenen tschechischen Bahnhöfen nonstop zum Rangierbahnhof Dresden-Friedrichstadt.

Basis für die internationale Ausrichtung des DB Konzerns sind die Konzeption eines Transeuropäischen Netzes (TEN) aus dem Jahr 1996 sowie die so genannten Kreta-Korridore, die auf den Paneuropäischen Verkehrskonferenzen von Kreta (1994) sowie Helsinki (1997) von der EU, der europäischen Verkehrs- ministerkonferenz (CEMT), der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (ECE) sowie den nationalen Regierungen Europas zur Anbindung der mittel-, ost- und südost-europäischen Länder entworfen wurden. Zehn so genannte „Paneuropäische Korridore“, die den teils traditionellen Verkehrs- und Warenströmen entsprechen, werden gemeinsam mit den Partnerbahnen für die optimale Verkehrs- abwicklung im Güter- und Personenverkehr ausgebaut.

Der so genannte Paneuropäische Korridor II, der Deutschland mit Polen, Weißrussland und Russland verbindet, spielt bei der EU-Osterweiterung eine entscheidende Rolle. Seit 1995 arbeiten die beteiligten Bahnen an der Modernisierung und Entwicklung dieser Schienenverbindung zwischen Berlin und Moskau.

Seit März 2003 haben die Bahnen Deutschlands, Russlands, Polens und Weißrusslands die Entwick- lungsarbeit zur administrativen und technischen Verbesserung des Bahnverkehrs unter dem Titel „Vier- achsenprojekt“ intensiviert.
Neben dem Ausbau der Infrastruktur für hohe Geschwindigkeiten und dem Einsatz von international kompatiblen Mehrsystemloks ist auch eine Beschleunigung der Grenzabfertigung vorgesehen. Moderne Technik beim Austausch von Fracht- und Betriebsdaten, eine Harmonisierung des Frachtrechts sowie erleichterte Zollverfahren sollen die heutigen langen Standzeiten im Güterverkehr deutlich verkürzen.

Eine gemeinsame Vermarktungsstrategie soll neue Kunden für den Personen- und Güterverkehr auf der Schiene gewinnen. Integrierte Logistikkonzepte erfüllen die wachsenden Anforderungen der Kunden. Der Personenverkehr profitiert von schnelleren Verbindungen zwischen Deutschland und Russland und wird durch attraktive Angebote im Touristikverkehr ergänzt.

Kurzfristig ist zwischen Deutschland und Polen die Einführung eines elektronischen Informationsaus- tausches vorgesehen. Eine schnellere Übertragung von Fracht-, Zoll- und Betriebsdaten für die Schie- nenverbindung von Deutschland über Polen nach Russland beschleunigt vor allem die Gütertransporte. So sind Frachten zum Beispiel zwischen Berlin und Moskau heute noch bis zu 21 Tage unterwegs. Künftig benötigen sie für die gleiche Strecke nur noch acht Tage. Im Gegensatz zum LKW, der etwa elf Tage unterwegs ist, ergibt sich durch diese Beschleunigung der Schienentransporte ein Wettbewerbs- vorteil für die Bahn.
Die starke Präsenz auf den osteuropäischen Märkten verbunden mit der Schienenkompetenz der Deut- schen Bahn sichert entscheidende Wettbewerbsvorteile und schafft beste Voraussetzungen, auf diesem Zukunftsmarkt weiter zu wachsen.

Ausbau der Schienenwege zu den Nachbarn im Osten
Mit der EU-Erweiterung steigt die Bedeutung der Schienenwege aus den deutschen Wirtschaftszentren in die Nachbarländer. Entsprechend sind die Strecken Richtung Polen und Tschechien Bestandteil der aktuellen und zukünftigen Planungen zum Ausbau der Schieneninfrastruktur. Folgende Strecken zählen zu den wichtigsten Projekten:

Berlin – Angermünde (– Stettin): Zum Ausbau der ehemaligen Hauptstrecke Berlin - Stettin haben die Verkehrsministerien in Berlin und Warschau 2003 erste Gespräche geführt. Die nach deutschem Recht erforderliche Kosten-Nutzen-Untersuchung sowie eine Ausbauvereinbarung mit Polen sind noch nicht abgeschlossen. Einen Zeitplan für dieses Projekt gibt es gegenwärtig noch nicht.

Berlin – Frankfurt (Oder) (– Warschau): Als erste Baustufe des Streckenausbaus für 160 Kilometer pro Stunde wird der Abschnitt Erkner – Frankfurt (Oder) bis 2005 fertig gestellt. Die Reisezeit verkürzt sich von 62 auf 42 Minuten.
Bei ausreichender Finanzierung durch den Bund soll ab 2005 in einer zweiten Baustufe der Streckenab- schnitt Berlin Ostbahnhof – Erkner für 160 Kilometer pro Stunde ertüchtigt werden. Nach 2009 kom- plettiert der Ausbau des deutschen Abschnitts Frankfurt/Oder Hbf – Frankfurt (Oder) (Grenze) für 100 Kilometer pro Stunde das Projekt. Insgesamt werden 498 Millionen Euro in die Infrastruktur investiert. Die Fahrzeit zwischen Berlin Ostbahnhof und Frankfurt (Oder) reduziert sich auf 36 Minuten.

Hoyerswerda – Horka (– Wegliniec – Breslau): Der Streckenabschnitt im Zuge des Paneuropäi- schen Korridors III Berlin/Dresden – Breslau (Wroclaw) – Kiew wird zu einer leistungsfähigen Güterver- kehrsachse nach Osteuropa ausgebaut. Nach Abschluss aller Baumaßnahmen soll dieser Korridor 60 Prozent des Güteraufkommens zwischen Deutschland, Polen und Osteuropa aufnehmen. Die Strecke wird auf deutschem Territorium durchgehend elektrifiziert und zweigleisig ausgebaut. Damit werden die elektrifizierten Netze der PKP und der Deutschen Bahn auch in Sachsen miteinander verknüpft. Der zeitintensive, mehrmalige Lokwechsel entfällt. Aufgrund der Haushaltslage des Bundes ist dieses Vor- haben auf den Zeitraum nach 2008 verschoben.

Dresden – Bad Schandau (– Prag – Wien): Der Ausbau der Strecke Dresden Hbf – Pirna auf 160 Kilometer pro Stunde läuft bereits und wird bis 2005 fertig gestellt; der daran anschließende Strecken- abschnitt Pirna – Bad Schandau – Grenze erfordert aufgrund der Flutschäden des Sommers 2002 um- fangreiche Sanierungsmaßnahmen. Finanzierung und Zeitplan des vorgesehenen Ausbaus der Strecke für Geschwindigkeiten bis 160 Kilometer pro Stunde ist aufgrund der Haushaltslage des Bundes auf den Zeitraum nach 2008 verschoben.

Nürnberg – Schirnding (– Prag): Auf dieser Achse ist langfristig ein Ausbau für Neigetechnikzüge und 160 Kilometer pro Stunde zwischen Marktredwitz und der Grenze bei Schirnding sowie eine durch- gehende Elektrifizierung vorgesehen.

EU-Osterweiterung als weiterer Schritt in die Liberalisierung
Die Deutsche Bahn steht der Marktöffnung im Schienengüterverkehr sowie den weiteren geplanten Libe- ralisierungsschritten der EU-Kommission wie zum Beispiel der europaweiten Kabotage positiv gegen- über.
Dabei ist wichtig, dass sich die einzelnen Märkte zeitgleich öffnen, um faire Wettbewerbsbedingungen für alle zu schaffen. Ziel muss es sein, durch eine effektive europaweite Liberalisierung die Wettbe- werbsfähigkeit des Systems Schiene insgesamt zu steigern. Die Netzöffnung darf kein Bekenntnis bleiben, sondern muss sich in einem entsprechenden Prozessdesign widerspiegeln. Noch ist die Bahn mit einer Reihe von Barrieren für den Markteintritt konfrontiert. Es ist notwendig, aufwändige Zulassungs- prozesse für Loks weiter zu vereinfachen und eine Harmonisierung der Sozial- und Sicherheitsvor- schriften herzustellen, um die Liberalisierung auch umzusetzen. Für die europaweite Liberalisierung des Güterverkehrs ist das Jahr 2006 ein realistisches Ziel.

Die Liberalisierung des Personenverkehrs ist überfällig, um für ganz Europa zu fairen Wettbewerbsbedin- gungen zu kommen. Das von der EU-Kommission vorgeschlagene Marktöffnungsdatum 1. Januar 2010 und die Beschränkung auf den internationalen Personenverkehr bleiben weit hinter den Erwartungen zurück.

Im Rahmen der europäischen Binnenmarktstrategie wird an der Schaffung eines „Integrierten Europäi- schen Eisenbahnraums“ gearbeitet. Ziel ist die Entwicklung eines nachhaltigen, gesamteuropäischen Verkehrssystems, das den stark ansteigenden Anforderungen des innergemeinschaftlichen Handels gerecht wird. Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik erließ die EU unter anderem Regelungen zur Öffnung der Schienenverkehrsmärkte, zur technischen Kompatibilität der Eisenbahnsysteme und zu den Bedingungen für die Gewährung staatlicher Beihilfen. Weitere Regeln betreffen die Festlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, den Abschluss öffentlicher Dienstleistungsaufträge sowie den Netzzugang.

Leistungen außerhalb des Netzes der Deutschen Bahn erlangen eine immer größere Bedeutung. Vor allem im Güterverkehr lassen sich durch internationale Angebote neue Kunden für die Schiene gewin- nen. Diese Möglichkeiten muss die Deutsche Bahn im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt vor allem der östlichen Nachbarstaaten nutzen.

Mit fortschreitender Liberalisierung des Eisenbahnwesens auch in den anderen Europäischen Ländern bestehen zunehmend Möglichkeiten für ein Engagement im Ausland.
In Zukunft wird es selbstverständlich sein, dass sich die ehemaligen Staatsbahnen Europas für Leistun- gen auf Netzen anderer europäischer Bahnen bewerben.

Personenverkehr in die neuen EU-Mitgliedsstaaten
Bereits heute bestehen zahlreiche stark frequentierte Verbindungen von Deutschland in die neuen EU- Mitgliedsstaaten. Vor allem im Personenverkehr wurde schon vor Jahren der Grundstein für die Inte- gration Osteuropas in den hochwertigen europäischen Reiseverkehr gelegt.

Mit der Einführung des Berlin-Warszawa-Express im Oktober 2001 haben die Deutsche Bahn und die Polnische Staatsbahn PKP ein erstes gemeinsames Produkt auf die Schiene gestellt, das sich durch ein eigenes Erscheinungsbild von anderen Zügen abhebt. Die Züge verkehren dreimal täglich von Berlin über Frankfurt (Oder), Poznan (Posen) nach Warszawa (Warschau). An verkehrsstarken Tagen fahren zusätzliche Züge zwischen Berlin und Posen. In einigen Zügen zwischen Berlin und Posen gilt das Angebot „Posen Spezial“. Die einfache Fahrt kostet dann nur 20 Euro. Tages- und Nachtschnellzüge stellen die Verbindung vor allem von Berlin nach Polen und weiter nach Russland her, so zum Beispiel nach Moskau, St. Petersburg, Minsk, Kiew, Saratov und Königsberg (Kaliningrad).

InterCity- bzw. InterRegio-Züge verbinden Berlin und Dresden mit Breslau, auch von Dresden besteht eine Direktverbindung nach Warschau. In Zusammenarbeit mit der Tschechischen Bahn CD laufen Vor- bereitungen für den grenzüberschreitenden Einsatz von Neigetechnikzügen der CD.
Seit rund drei Jahren pflegen die Bahnen hier einen intensiven Austausch, der unter anderem auch eine gemeinsame Erprobung des tschechischen Neigetechnikzuges beinhaltet. So wird der CD-Neigetech- nikzug seine Hochgeschwindigkeitsprobefahrten im Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) auf dem Streckennetz der Deutschen Bahn absolvieren. Wenn die Streckensanierung zwischen Dresden und Prag über Bad Schandau abgeschlossen ist, sollen die schnellen Züge die beiden Städte im Taktverkehr in gut zwei Stunden miteinander verbinden.

Tschechien ist in das Netz der hochwertigen EuroCity-Verbindungen integriert. Vertaktete Verbindungen bestehen täglich von Berlin und Hamburg nach Prag und weiter nach Wien und Budapest. InterCity-Züge verbinden Prag und Nürnberg.

Ungarn ist wie Tschechien bereits seit Jahren in das Netz hochwertiger internationaler Reisezüge inte- griert. Sowohl über München und Salzburg wie auch über Nürnberg und Passau fahren Züge von Deutschland unter anderem nach Budapest, Ljubljana und Zagreb. In Deutschland werden mit diesen Zügen Direktverbindungen von und nach Frankfurt, Köln und Dortmund angeboten.

Eine Fahrkarte reicht für die ganze Reise
Die Deutsche Bahn verkauft bereits seit Jahren internationale Fahrkarten für die Reise in osteuropäische Länder. Auch zahlreiche Sonderangebote gelten für die Fahrt in die neuen EU-Mitgliedsstaaten. Unter dem Namen RAILPLUS gibt es 25 Prozent Ermäßigung für Bahncard-Inhaber auch auf den Strecken der Bahnen 28 europäischer Länder – für nur 15 Euro Aufpreis jährlich.
Das Angebot gilt in Bulgarien, Jugoslawien, Kroatien, Litauen, Lettland, Polen, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Tschechien, der Ukraine und Ungarn.

Angebote für Europa: InterRail, Eurodomino, Sparpreis 25
Speziell für junge Leute bis 26 Jahre empfiehlt sich die Erkundung des neuen EU-Gebietes mit dem Klassiker InterRail. Rund 30 europäische Länder einschließlich Marokko und die Türkei sind zu Zonen zusammengefasst, für die eine Quasi- Netzkarte zum Pauschalbetrag – auch online unter
www.bahn.de gekauft werden kann.
Das Angebot gilt auch in Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Kroatien, Slowenien, Bulgarien, Mazedonien, Jugoslawien und Rumänien.

Unter dem Namen Eurodomino ist eine Netzkarte für unbeschränktes Reisen mit einer von 28 Bahnen in Europa erhältlich.
Die Eurodomino-Tickets gelten mindestens drei Tage als Fahrkarte für das gesamte Streckennetz einer europäischen Bahn. Durch den Kauf einer Zusatzkarte kann das Ticket auf eine maximale Geltungs- dauer von acht Tagen innerhalb eines Monats erweitert werden.
Durch Aneinanderreihen von Bahnnetzen werden mehrere Länder zum Reiserevier. Netzfahrscheine sind für folgende Länder in Osteuropa erhältlich: Bulgarien, Jugoslawien, Kroatien, Mazedonien, Polen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Russland.
Bei Reisen nach Kroatien, Polen (nicht im Berlin-Warszawa-Express), Slowenien, Tschechien und Un- garn ermäßigt sich der Preis um 25 Prozent, wenn die Fahrkarte mindestens drei Tage vor Reiseantritt gekauft wird und zwischen Hin- und Rückfahrt eine Nacht von Samstag auf Sonntag liegt.
Bei Reisen nach Kasachstan, Litauen, Lettland, Russland, in die Ukraine und nach Weißrussland be- trägt die Ermäßigung teilweise sogar über 30 Prozent.

Aus dem „Kleinen Grenzverkehr“ wird Regionalverkehr
Anlässlich der EU-Osterweiterung haben die DB, die Polnische Staatsbahn und die Tschechische Bahn neue Regelungen für den Regionalverkehr von und nach Polen und Tschechien vereinbart. So gilt für die an die neuen EU-Partner angrenzenden Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Bayern eine gegenseitige Anerkennung von grenzüberschreitenden Fahrscheinen im Nah- verkehr mit den Nachbarländern.
Auch Sonderangebote wie das „Schönes-Wochenende-Ticket“ gelten künftig auch auf bestimmten grenzüberschreitenden Strecken bis ins Nachbarland hinein. Im Austausch dazu gelten einige polnische Ticketangebote neu auch auf deutschen Strecken.

Grenzenlos mobil im „EgroNet“
Die Freistaaten Sachsen, Bayern, Thüringen sowie das tschechische Böhmen bilden gemeinsam die Euroregion „Egrensis“. Erstmals in Europa wurde hier ein gemeinsames Nahverkehrssystem entwickelt, das mit einheitlichem Fahrplan und einheitlichem Fahrpreis die vier Länder verbindet.
Unter dem Namen „EgroNet“ fahren Eisenbahn, Straßenbahn und Bus in der gesamten Region.
Die EgroTickets sind in Fahrzeugen oder Vorverkaufsstellen der beteiligten Verkehrsunternehmen, in ausgewählten Agenturen und den Reisezentren der Deutschen Bahn erhältlich. Sie gelten in allen Ver- kehrsmitteln des öffentlichen Nahverkehrs im gesamten EgroNet-Gebiet. Zahlreiche Hotels, Gaststätten, Freizeiteinrichtungen und Firmen bieten gegen Vorlage des entwerteten Tickets den Besuchern be- sondere Vorteile, z. B. ermäßigten Eintritt, Sonderpreise für Übernachtungen oder Rabatte beim Be- triebsverkauf der jeweiligen Firmen.

Güterverkehr und Logistik
Die meisten Beitrittskandidaten zählten schon vor dem EU-Beitritt zu den wichtigen Wirtschaftspartnern Westeuropas. So hat sich der Handel der EU mit den Staaten Mittel- und Osteuropas seit 1989 mehr als verdreifacht. Davon profitiert vor allem Deutschland: Deutsche Unternehmen setzen heute in den künftigen EU-Ländern mehr Waren um als in den USA und Kanada zusammen.
Während sich der deutsche Außenhandel im Jahre 2002 insgesamt rückläufig entwickelte (minus 1,1 Prozent), konnte der deutsche Osthandel um 5,2 Prozent zulegen. Insgesamt belief sich das Osthan- dels-Volumen 2002 auf knapp 150 Milliarden Euro, das entspricht etwa einem Achtel des gesamten deutschen Außenhandels.

Industrie und Handel haben das wirtschaftliche Potenzial dieser Länder längst für sich entdeckt, und mit ihren globalen Kunden hat die Transport- und Logistikbranche neue Wachstums-Chancen im Visier. Die seit 2003 zur Deutschen Bahn gehörende Stinnes AG ist bereits heute Marktführer in Osteuropa und Führungsgesellschaft der ersten europäischen Güterbahn. Entscheidende Voraussetzungen wurden be- reits nach der Wende 1989 mit dem Ausbau des Schenker-Netzwerkes in den ehemaligen Ostblock- staaten Mittel- und Osteuropas geschaffen.

Aber nicht nur die reinen Transportleistungen sind gefragt – zugleich steigt der Bedarf an anspruchsvol- len logistischen Dienstleistungen sowie die an vernetzten Systemverkehren nach Fahrplan und eng- maschigen Distributionsnetzen in den Mittel- und Osteuropäischen Staaten, die eine bedarfsorientierte und zeitnahe Belieferung gewährleisten.

Mit eigenen leistungsfähigen Landesgesellschaften in fast allen Beitrittsländern und rund 100 Nieder- lassungen in Osteuropa ist die Stinnes-Tochter Schenker heute Marktführer für Logistik in der Region. Schenker bietet die gesamte Palette logistischer Leistungen in den Bereichen Landverkehr, Luft- und Seefracht und die damit verbundene integrierte Logistik an. Jede Landesgesellschaft verfügt über spe- zifische Kenntnisse des jeweiligen Marktes und ist zugleich in die Netzwerke der weltweiten Schenker- Organisation eingebunden.
Schenker kann damit Kunden in allen neuen EU-Staaten erfahrene Ansprechpartner bieten, die mit den landestypischen Gepflogenheiten vertraut sind, keine Sprachbarrieren überwinden müssen und vom globalen Logistik-Know-how der Schenker-Organisation profitieren.

Durch den Stinnes-Konzern ist die Bahn in den Beitrittsländern präsent
Das weltweit aktive Logistik-Unternehmen Stinnes, das seit 2003 Teil des DB Konzerns ist, ist mit sei- nem Logistik-Spezialisten Schenker in allen EU-Beitrittsländern aktiv. Durch die erworbene Kompetenz hat Schenker auf allen Transportwegen bereits eine gefestigte Marktposition gesichert.

In Estland ist Schenker Marktführer in der Logistik. Das moderne Logistikzentrum in Tallinn ist Dreh- kreuz für Verkehre zwischen West und Ost. An insgesamt vier Standorten arbeiten rund 190 Mitarbeiter.

In Lettland zählt Schenker zu den führenden Anbietern. An drei Standorten sind 80 Mitarbeiter tätig. Zu den Kunden gehören Unternehmen der Branchen Automotive, Computer, Telekommunikation und Haus- geräte.

In Litauen ist Schenker an drei Standorten mit insgesamt 60 Mitarbeitern präsent. Zu den Kunden zählen hier Unternehmen aus dem Anlagenbau sowie aus den Bereichen Automotive, Hausgeräte und Papier. Die gesamte Schenker-Organisation im Baltikum ist eng vernetzt und ermöglicht vorteilhafte Kundenlösungen für diesen besonderen Markt.

In Polen , dem größten der neuen Beitrittsländer, ist Schenker einer der führenden Anbieter im Markt. Rund 1.300 Mitarbeiter an 23 Standorten realisieren die gesamte Palette logistischer Dienstleitungen. Moderne Logistikzentren und eine eigene nationale Distribution sichern die schnelle flächendeckende Versorgung. Zu den Kunden gehören namhafte Unternehmen aus Handel und Industrie, aus den Be- reichen Automotive, Computer, Anlagenbau sowie aus der Mineralöl- und Konsumgüterindustrie. Darüber hinaus sind auch spezialisierte Schenker-Töchter in den Bereichen Retail Logistics, bahnaffine Logistik, Schiffscharter sowie Fahrzeug-Transport in Polen schon seit Jahren aktiv.

In Tschechien gehört Schenker zu den führenden Anbietern für europäische Landverkehre und Logistik. Rund 300 Mitarbeiter sind an 16 Standorten tätig. Ein modernes Logistikzentrum bei Prag ist das Herz- stück der Aktivitäten. Zu den Kunden zählen große Unternehmen der Branchen Automotive, Elektronik, Telekommunikation und Anlagenbau.

In der Slowakei ergänzt ein erst Anfang 2004 in Betrieb genommenes neues Logistik-Terminal in Bra- tislava das Schenker-Standortnetz. Rund 80 Mitarbeiter sind an sechs Standorten im Land in allen Be- reichen von Landverkehr, Luft- und Seefracht aktiv. Zu den Kunden zählen große Fahrzeughersteller so- wie Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie. Die deutsche Automobilindustrie nutzt das Schenker- Angebot bahnaffiner Logistik bei der Versorgung ihrer Werke mit Teilen aus der Slowakei.

In Slowenien ist die Schenker-Tochter Intertrans als einer der marktführenden Anbieter für Unterneh- men aus Industrie und Handel aktiv. An neun Standorten, von der Hauptstadt Ljubljana bis zum See- hafen Koper, sind 160 Mitarbeiter im Einsatz. Kunden kommen aus den Branchen Automotive, Com- puter, Elektronik und Anlagenbau sowie Konsumgüter und Chemie.

In Ungarn bietet Schenker die gesamte Palette der Logistik-Dienstleistungen im Landverkehr sowie in Luft- und Seefracht. Mit 370 Mitarbeitern, neun Standorten, leistungsfähigen Anlagen und einer Vielzahl von Logistikleistungen für Kunden aus allen Branchen zählt Schenker zu den führenden Anbietern des Landes.

Schenker ist auch in den übrigen Ländern Ost- und Südosteuropas mit eigenen Landesgesellschaften präsent, ob in Bosnien und Herzegowina, in Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Rumänien, Russland oder in Serbien und Montenegro, in der Ukraine sowie in Weißrussland. Seit langem ist Schenker zudem in Griechenland und der Türkei als Dienstleister etabliert.

Für das Massengutgeschäftsfeld Stinnes Freight Logistics zählt Osteuropa schon heute zu den wich- tigsten Regionen. So ist beispielsweise Polen für Freight Logistics das Land mit den volumenstärksten Transportströmen.
Auch Tschechien und Ungarn haben im grenzüberschreitenden Verkehr auf der Schiene erhebliche Be- deutung. Bereits seit 1997 verbinden regelmäßige Ganzzug-Verkehre die Möbel-Produktion in Polen mit ihren Kunden in Deutschland, Frankreich, Belgien, der Schweiz, den Niederlanden und Österreich. Allein 2003 liefen auf diesen Relationen 439 Züge mit mehr als 8.500 Wagen, hiervon fast 5.500 nach Deutschland. Immer mehr Güterzüge wie der „Rußland-Express“ oder der „Europa-Express“ verbinden europäischen und asiatische Wirtschaftszentren.

Wachstumsträger Kombinierter Verkehr (KV)
Der Transport und Umschlag von LKW-Aufliegern, -Aufbauten und Containern ist dank bereits jahre- langer einheitlicher Normen der schnellste und effektivste Weg für den Austausch konfektionierter oder flüssiger Güter.
Das Stinnes-Geschäftsfeld Intermodal betreibt zusammen mit verschiedenen Operateuren Zugsysteme des Kombinierten Verkehrs (KV) Richtung Osteuropa, die in erster Linie die dortigen Wirtschaftsräume an die deutschen Seehäfen Bremerhaven und Hamburg anschließen. Ferner bestehen leistungsfähige und schnelle Verbindungen zwischen Deutschland und den osteuropäischen Wirtschaftsräumen, bei- spielsweise mit dem KV-Zug „Ostwind“, der die Drehscheibe Berlin mit Polen und Russland verbindet. Diese beiden Spitzenprodukte stellen ein durchgehendes Transport- und Logistikangebot bis in den Ural bereit.

Insgesamt 67 Ganzzüge und 120 Züge der Rollenden Landstraße pro Woche bietet Stinnes Intermodal zwischen Deutschland und Tschechien bzw. der Slowakei, 44 Ganzzüge wöchentlich verbinden die un- garischen Wirtschaftsstandorte Budapest und Sopron mit Hamburg, Bremerhaven und Wanne.
Das Angebot, zu dem in Tschechien auch Nachtsprung- und Shuttleverkehre gehören, wird durch Ein- zelwagenverkehre ergänzt.

Schon aus den bestehenden Verkehrsangeboten wird deutlich, wie intensiv die Deutsche Bahn sich mit Ihren Partnerbahnen in den Beitrittsländern schon seit Jahren auf eine Vernetzung der Verkehre vorbe- reitet hat. Die bereits bewährten Verbindungen im Personen- wie im Güterverkehr bieten eine günstige Ausgangslage für die Vermehrung des Verkehrs auf der Schiene. In den meisten Relationen ist eine schrittweise Erhöhung der Kapazitäten möglich und vorgesehen.

So besteht mit der EU-Osterweiterung für die europäischen Bahnen die einmalige Chance, das Zusam- menwachsen der Staatengemeinschaft und das wirtschaftliche Wachstum des gesamten Wirtschafts- raums zu begleiten. Die ökologische Überlegenheit des Systems Eisenbahn wird durch ökonomisch attraktive Angebote ergänzt und hilft so, den Verkehrskollaps auf den europäischen Straßen zu ver- hindern.

Zukunftsfaktor Schiene
Die Verkehrsinfrastruktur in Osteuropa wird das zusätzliche Verkehrsaufkommen ohne umfassende Investitionen kaum verkraften. Der Straßenverkehr wird hier bald an seine Leistungsgrenzen stoßen. In Polen und Ungarn, zwei wichtigen Transitländern zwischen Westeuropa und Russland beziehungsweise den Balkanländern, stehen beispielsweise nur jeweils knapp 400 Kilometer Autobahn zur Verfügung. Auch die Hauptabfuhrstrecken der osteuropäischen Bahnen oder die Umschlagterminals verfügen noch nicht über leistungsfähige infrastrukturelle Standards. Umfangreiche EU-Fördermittel, aber auch erheb- liche Eigenmittel werden nötig sein, um die Verkehrsinfrastruktur auszubauen und zu verbessern.

Momentan halten die osteuropäischen Bahnen noch gut 30 Prozent am Modal Split im Güterverkehr. Um diesen Anteil annähernd zu halten, dürfen Infrastrukturinvestitionen in die Schiene nicht hinter den Ausbau des Straßennetzes zurückfallen.

Transnationale Ausbildung
In Kooperation mit der Polnischen Staatsbahn PKP und der Französischen Staatsbahn SNCF besteht seit 2001 das Modell der Transnationalen Ausbildung. Dabei werden angehende Kaufleute für Verkehrs- service aus den beteiligten Ländern gemeinsam ausgebildet und mit den Gegebenheiten der jeweiligen Nachbarbahnen und -länder vertraut gemacht. Die Auszubildenden nehmen an Seminaren in transna- tional gemischten Ausbildungsgruppen teil und sammeln im grenzüberschreitenden Verkehr sowie in Reisezentren im Grenzgebiet praktische Erfahrungen.

Zur Ausbildung gehören mehrwöchige Praktika in den Partnerländern mit den drei Ausbildungsschwer- punkten Zugbegleitdienst, Service im Bahnhof und Fahrkartenverkauf. Die Auslandsaufenthalte werden in den Europass der EU eingetragen. Die Auszubildenden haben mit dieser internationalen Zusatz- qualifikation einen starken Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt.

Personalprojekt EU-Kaufmann/Kauffrau für Verkehrsservice
Die Deutsche Bahn will die Zukunft Europas mitgestalten und engagiert sich zusammen mit den Bah- nen aus Frankreich, Polen, Tschechien, Luxemburg sowie dem britischen Unternehmen South Central Trains für die Einführung des ersten international anerkannten Berufsbilds „EU-Kaufmann/-frau für Ver- kehrsservice“.
Bereits seit 2001 entwickeln die sechs beteiligten Bahnen im Rahmen des EU-Berufsbildungspro- gramms Leonardo da Vinci den ersten übergreifenden kaufmännisch-service-orientierten Beruf der Ver- kehrsbranche. Neben den berufstypischen Fähigkeiten steht vor allem interkulturelle Kompetenz wie Fremdsprachen, Mobilität sowie Offenheit und Verständnis für andere Nationalitäten im Vordergrund.

Jährlich werden slowenische und kroatische Eisenbahner in Deutschland weitergebildet. Auf diese Art gelangt Know-How der Deutschen Bahn in die EU-Beitrittsländer. Weitere Aktivitäten, die dem inter- nationalen Austausch bei Aus- und Weiterbildung dienen, sind in Vorbereitung.
Die Integration der neuen Mitgliedsstaaten bringt weitere attraktive Perspektiven für die Ausbildung junger Leute, die im zusammenwachsenden Europa selbstverständlich über die Ländergrenzen hinweg leben und arbeiten.

< Aktuelle News

 

Archiv-Übersicht 2004 >

© 1999-2004 Bahnaktuell - Alle Rechte vorbehalten.
Links auf externe Seiten spiegeln nicht die Meinung des Verantwortlichen dieser Website wieder.